Pädagogische Teilprojekte

Forstpraktika

Forstpraktika

 

Siebtklässler im Forstpraktikum

Nachdem unsere Schüler in den ersten Klassen den Wald spielerisch erkundet, am Eichhörnchentag bei der Baumsaat geholfen und dann im Schulwald Bäume gepflanzt haben, steht im siebten Schuljahr ein Forstpraktikum im Lehrplan. Nichts kann einen besseren Eindruck von diesen Praktika geben, als die Berichte beteiligter. Darum folgen hier nun einmal ein Schülertext und ein Lehrerbericht.

Forstpraktikum der 7a auf Hof Tangsehl

Schülerbericht von Milena Klose - Vom 11. bis zum 16. Mai 2009 fuhren wir im vergangenen Schuljahr nach Tangsehl auf einen Bauernhof. Sechs Tage lang arbeiteten wir in drei verschiedenen Gruppen an drei unterschiedlichen Stationen. Der Hof Tangsehl liegt inmitten einer schöne Heidelandschaft. Rundherum befindet sich viel Wald. Wir wurden in Jurten untergebracht, in denen wir fast jede Nacht Feuerwache hielten.

Jurten als Unterkunft im Forstpraktikum

Jeden Morgen um 7 Uhr mussten wir aufstehen, frühstücken und uns für den Tag im Wald vorbereiten. Wir schmierten uns unsere Brote selber und dann ging es los in den Wald. Dort arbeiteten wir bis 9 Uhr, dann legten wir eine kurze Frühstückspause ein. Weiter ging es bis zur Mittagspause. Um 16 Uhr ging es dann wieder Richtung Hof, wo wir uns bekochen ließen und unsere freie Zeit miteinander verbrachten.

Schüler im Forstpraktikum

Im Wald waren drei Stationen vorbereitet, an denen wir mit unserer Arbeitskraft dem Hof Tangsehl halfen, seinen Wald zu verschönern:

An Station 1 fällten, entasteten und befreiten wir Bäume von ihrer Rinde und sägten die Stämme in etwa zwei Meter lange Abschnitte. Diese benötigten wir für die Erneuerung eines Zauns, der junge Eichen- und Birkensprösslinge in einem Kiefernwald vor den Rehen und Wildschweinen schützen sollte. Wir stellten immer zwei Stangen A-förmig auf und befestigten Maschendraht in der dafür vorgesehenen Kerbe. In diesem Teil des Waldes leben nämlich viele hungrige Rehe und Wildschweine, die die Sprösslinge sonst zerfressen und die Rinde abnagen. Die Wildschweine hätten den Boden zerwühlt.

Ein Stückchen davon entfernt wurde uns in einer unserer Mittagspausen ein anderes Stück Wald gezeigt, das auf die selbe Art geschützt worden war, allerdings schon vor einiger Zeit. Es war interessant zu sehen, was unsere Arbeit wird bewirken können.

An Station 2 sollte eine Baumschule entstehen. Auch hier waren einige Jahrzehnte zuvor schon Laubbäume gepflanzt worden. In der Baumschule sollen die Sprösslinge so weit heranwachsen, dass die Rehe sie nicht mehr gefährden können. Die größeren Bäume schützen die kleineren vor zu viel Wind. Wir entfernten mit Hacken und Gabeln die Brombeeren, den Torf und das Moos, die dort den ganzen Boden bedeckten. Im vorigen Jahr hatte eine 8. Klasse diese Arbeit begonnen. Wir schichteten den abgetragenen Torf zu zwei hohen Komposthaufen auf. Der Torf hätte sonst das wenige Wasser, dass die Kiefern durchsickern lassen, fast ganz aufgesaugt, wodurch es den Sprösslingen sehr schlecht gegangen wäre. Wir gruben vier tiefe Löcher für den Zaun. In diese Löcher wurden später Eckpfosten gesteckt, die wir vorher von ihrer Rinde befreit hatten, damit sie nicht so schnell schimmeln. Außerdem rodeten wir einige Baumstämme, um mehr Platz und Ordnung zu schaffen.

Lochspaten

Auch an Station 3 gruben wir Löcher für einen Wildzaun. Dafür benutzten wir sogenannte Lochspaten. Die sind aus zwei dünnen Schaufeln aufgebaut, die durch ein Gelenk miteinander verbunden sind. Wenn man den Lochspaten senkrecht kräftig auf den Untergrund stößt, gräbt er sich ein bisschen in die Erde. Dann muss man nur noch die oberen Enden des Lochspatens zusammendrücken und kann ein Stück Erde zur Seite setzen. Wenn man das oft genug an einer Stelle wiederholt, entsteht ein Loch. An Station 3 mussten die Löcher einen Meter tief werden. In diese Löcher wurden hinterher etwa 3 Meter lange Pflöcke gestellt und befestigt. Auch an dieser Station galt es, junge Sprösslinge vor dem Wild zu schützen. Wir räumten hier auch den Wald auf, weil vor uns jemand schon die Schonung ausgelichtet hatte und noch alle Äste auf dem Boden lagen. Beim Auslichten werden an den Bäumen alle Äste, die sich unterhalb von 4 Metern über dem Boden am Stamm befinden, abgeschnitten. Dadurch wird das Gesamtbild des Waldes schöner und ordentlicher, und die Bäume stecken ihre ganze Kraft in die oberen Äste.

Unser Forstpraktikum auf Hof Tangsehl in der Lüneburger Heide hat uns viel Spaß gemacht und wir haben dadurch viel über den Wald gelernt. Jetzt können wir auch besser verstehen, warum manchmal Bäume gefällt werden müssen. Dadurch, dass sie Platz gemacht haben, können sich andere Bäume besser entfalten. Wenn der Mensch dem Wald nicht hilft, dann wird er sich vielleicht nicht so entwickeln, wie der Mensch es sich wünscht.

2. Forstpraktikum der 9b auf Hof Tangsehl

Im Schuljahr 2008/2009 hat die damalige Klasse 8b mit ihrem Klassenlehrer Rolf Krauss anstelle eines Achtklassspiels ein zweites Forstpraktikum auf dem Hof Tangsehl absolviert. Dieser liegt im Wendland, in der Nähe von Hitzacker, in einem abwechslungsreichen, hügeligen Endmoränengebiet und wird biologisch dynamisch bewirtschaftet. Der Hof besitzt ca. 40 Hektar Kiefernwald quasi in Monokultur mit nur wenigen Laubgehölzen dazwischen.

Drei engagierte Landschaftspfleger Holger Coers, Jochen Ohnescheidt und Karsten Holst haben es sich unter dem Namen „Zukunftsklänge“ zur Aufgabe gemacht, den Wald langfristig zu einem Dreistufenmischwald umzubauen und dies u.a. in der Arbeit mit Schulklassen auch pädagogisch zu vermitteln. Vor Ort waren wir auf einer Waldwiese in Pfadfinderkoten untergebracht, von wo aus wir jeden Morgen in den nahe gelegenen Wald zu unseren Arbeitsgruppen aufbrachen. Verpflegt wurden wir mit den selbsterzeugten Produkten des Hofes, wo auch für uns alle gekocht wurde,.Wir bekamen sozusagen „Essen auf Rädern“, denn der Hof lag gut anderthalb Kilometer vom Zeltplatz entfernt. Bemerkenswert waren die eigens angefertigten Torfplumpsklos, die, für viele überraschend, erstaunlich gut funktionierten.

Im Wald wurde von 9.00 – 16.00 Uhr an vier verschiedenen Projekten gearbeitet, mit täglicher Rotation der Gruppen. Ein Tag Dauerregen sorgte für heimelige Atmosphäre in den Zelten und intensives Sammeln und Verarbeiten von Brennholz. Am Abend las ich der Klasse aus dem Buch über Julia Butterfly Hill „Die Baumfrau“ vor, das den Kampf um den Erhalt der letzten Redwoods an der Küste Kaliforniens schildert.

Zu Beginn der Arbeitswoche wurde gemeinsam ein Rundgang durch den Wald gemacht und die verschiedenen Projekte ausführlich besprochen. Am Ende wurde der Rundgang wiederholt, wodurch den Schülern eindrucksvoll die geleistete Arbeit und die Veränderung der Orte bewusst wurde. Bei allen löste dies ein tiefes Gefühl der Zufriedenheit aus, etwas wirklich Sinnvolles geschafft zu haben.

Die Aufgaben waren abwechslungsreich und ökologisch langfristig ausgerichtet.

Eine Gruppe legte eine Baumschule an, wobei das Areal sehr sorgfältig von Brombeeren u.a. Gewächsen gesäubert und ein Laubkomposthaufen aufgeschichtet wurde. Gefällte Bäume wurden mit einem Schwarzwälder Kaltblutwallach über eine Rückegasse abtransportiert.

Eine andere Gruppe beschäftigte sich mit der Freistellung und Aufastung einer alten Buche und der Entfernung und Verarbeitung von Abfallholz. Da im Vorjahr ein Harvester eingesetzt worden war, lagen jede Menge trockener Äste und Zweige umher. Dies steigert die Brandgefahr erheblich.

Eines der Projekte bestand darin, aus dem gesamten herumliegenden Abfallholz eine Schweinemiete für ferkelnde Bachen zu errichten. So wurde der Wald im guten Sinne aufgeräumt. Ich selbst nahm die Gelegenheit war, die Schüler über ihre eigene Wahrnehmung an die geomantische Gestaltung von Orten heranzuführen. Anhand von Wahrnehmungsübungen und Beobachtungen wurde das Verständnis für das Gefüge und die Qualität einer Landschaft herausgebildet und anschließend praktisch angewandt.Wir begannen einen Ort zum Ausruhen und besinnlichen Verweilen auf einer Hügelkuppe zu gestalten und einen Höhenweg freizumachen. Dabei wurde in einem ersten Schritt der Wald gesäubert und von Hand Brennholz geschnitten.

Es war erstaunlich mit welchem Engagement die Kinder in dieser Woche arbeiteten und wie viel sie in der doch relativ kurzen Zeit dabei erreichten.Vor allem das tiefere Verständnis ökologischer Zusammenhänge, von Nachhaltigkeit und integralem Denken ist in einem Maße gewachsen wie es ihnen bisher bei anderen Aktivitäten kaum möglich war.

Rolf Krauss

© 2012 Freie Waldorfschule Evinghausen